Zur Fotoinstallation «Ruhige Dinge» in der Kaserne Liestal, 2005
Geputzt, gezählt, gestapelt und zurecht gerückt, sprechen die Dinge von Ordnung, Ökonomie und vom geregelten Lauf der Tage. Ruhige Dinge beruft sich auf Bestandesaufnahmen vor Ort. Die Arbeit meidet Motive militärischer Selbstdarstellung, um im Protokoll der häuslichen Oberflächen ein umso subtileres Portrait des Organismus Kaserne abzugeben. Ausgang und Appell, Versammlung und Marschübungen werden flankiert von Bildern, die wiederum von Gleichheit zeugen, von Serie und Mass.
Die wandfüllenden Fotografien registrieren die Dinge ohne kenntliche Manipulation. Unaufgeregt spiegeln sie jene Hauswirtschaft, die der militärischen Effizienz zugrunde liegt. Fahrzeuge, Waffen und Gerätschaften der Armee weichen im Eingang dem Blick in einen Schlafsaal und auf ein Regal mit hellen Ausgeh-Hemden, geordnet nach Grösse und Zahl. Im Durchgang zum Hauptversammlungsplatz sind übergross Dutzende von Tabletts aufgeschichtet, gegenüber hängen in Chromstahl eine Reihe blank geputzter Schöpflöffel. Der Fokus liegt auf einer Gegenständlichkeit, die der Freizeit, Nachtruhe und Verpflegung angehört. Die unmittelbare räumliche Nachbarschaft der realen Dinge und ihrer fotografischen Reproduktion arbeitet mit Vertrautheit: kühl überträgt sich im Bild die Empfindung nackter Füsse auf dem Eichenriemen-Parkett im Schlafsaal, hell klingt – eine täglich aktualisierte Erinnerung – der Aufprall des Kunststoffs, wenn in der Kantine ein Tablett auf den Stapel gleitet.
Mit unbestechlicher Tiefenschärfe und strengem Farbabgleich unternimmt die an Sachfotografie angelehnte Bilderfindung alles, um von sich selbst ab- und zu den Dingen hin zu lenken. Sie würdigt jeden Gegenstand, indem sie die Aufmerksamkeit gleichmässig über alle Einzelheiten verteilt, jede Unsicherheit über Materialität und Farbe ausräumt. Mehr als Format, Oberfläche oder gar die Entstehungsbedingungen der Fotografie interessiert daher die Beschaffenheit der Dinge: die architektonische Qualität eines Regals, das Lichtspiel in der Hohlform einer Suppenkelle, die makellos helle Fläche eines Wandschranks ziehen die Aufmerksamkeit in ihren Bann.
Um ein Vielfaches ihrer realen Masse vergrössert, gibt das Inventar der Hemden, Kellen, Tabletts und Betten jede kleinste Abweichung von der genormten Einheit preis: Ein unachtsam schief belassener Faltenwurf, ein fehlender Kragenknopf, eine Delle im Ebenmass der horizontal geschichteten Kanten lenken und motivieren die Konzentration. Im strengen Rhythmus der sorgfältigen Ordnung und in der Stille des sachlichen Blicks gewinnt jedes Ding seine individuelle Besonderheit zurück. Die Ruhigen Dinge berichten leise von den Spuren ihrer Benutzung. Ihre unanfechtbare Präsenz fordert die Sinne und erzählt davon, wie sehr die Gegenwart von Dingen die eigene Abwesenheit mit beschreibt.