Verbraucht für die Ewigkeit

Vor langer Zeit bekam ich die Anfrage, meine Schuhe, die ich im Atelier trage, in ein Schuhmuseum zu schicken, das Schuhe von Künstler:innen sammelt und ausstellt. Ich habe mehr als ein Jahrzehnt gebraucht, diese Anfrage zu erfüllen.

Meine Atelierschuhe, hellgrüne Plastiksandalen, die ich in Paris für zwei Euro gekauft habe, sind nun so fertig, so am Ende, dass ich sie wirklich nicht mehr tragen kann. Das morsche Material bröselt und bröckelt, tiefe Risse durchziehen die Sohlen. Da ich oft barfuss auf meinen Zeichnungen herumlaufe, hat sich Graphit ins giftgrüne Plastik eingearbeitet und es mit einem Grauschleier überzogen. Das vormals leuchtende Grün ist eine Farbe, die ich auch für meine Bilder brauche – vielleicht konnte ich mich deshalb nie von diesen Schuhen trennen.

Nun ist die Zeit gekommen, die müden, völlig verbrauchten Schuhe aufzugeben, nachdem sie mir so viele Jahre treu als Ateliersandalen gedient haben. Die Anfrage des Museums kommt mir jetzt gelegen; so kann ich weiter an den Schuhen festhalten, muss sie nicht wegwerfen, sondern kann ihnen ein neues, ehrenhaftes Nachleben ermöglichen.

Es ist der seltene Fall, dass ein Billigprodukt – wohl unter erbärmlichen Bedingungen hergestellt – in die Nähe der Unsterblichkeit gerückt wird.

2020, Text für „Shues or no Shues“, Museum in Antwerpen