Christina Schmitt: Encoding the Urban

Kunsthaus Baselland, 2016

Die in Basel tätige Künstlerin Esther Hiepler war in den 1990er-Jahren u. a. bei Fritz Schwegler an der Kunstakademie Düsseldorf und ist in einigen öffentlichen Sammlungen wie der des Kantons Basel-Stadt und Basel-Landschaft, aber auch in der Daimler Kunstsammlung oder der Bundeskunstsammlung der Schweiz vertreten. Im Kunsthaus Baselland zeigt sie analoge Fotografien aus den Konvoluten Sammlung/Weiss und Sammlung/Licht, die sie beide seit nunmehr zwei Jahrzehnten immer wieder ergänzt und fortschreibt und die exemplarisch für ihre spezielle künstlerische Poesie des Alltags sind. Mit offenen Augen bewegt sich die Künstlerin dabei durch unterschiedliche Städte wie Basel, Berlin oder Marseille und widmet ihre ganze Aufmerksamkeit dem Zufälligen, dem für einen kurzen Moment Sichtbaren, dem scheinbar Arrangierten. Sie fotografiert Szenen einer Stadt, die ihr wie Fundstücke begegnen. In der Hand stets griffbereit eine (mittlerweile) digitale Kompaktkamera.

Bei der Betrachtung der ausgestellten Fotografien folgt der Blick diesen zunächst unauffälligen Motiven des Alltags, um kurz darauf das besondere Zusammenspiel von urbanem Leben, städtischer Architektur und natürlichen Einflüssen – wie beispielsweise dem Wetter an genau diesem Tag – zu bemerken. So zeigen sich an den Decken eines grauen, massiven Betonbaus mit herunterhängenden Kabeln und unfertigen Wänden kräftige Lichtpunkte, welche die scheinbar ruhende Betonsilhouette in ein leuchtendes Lichtspiel verwandeln. Oder eine einfache Schaufensterabdeckung, die Esther Hiepler in ihren Stadtwanderungen vorfindet, wirkt, als sei sie bewusst gestaltet worden. Die akkurat gefalteten und aneinandergeklebten Papierbögen geben dem Schaufenster eine besondere Ästhetik. Die Künstlerin lädt zu einem Spaziergang ein, bei dem unsere Aufmerksamkeit auf sonderbare Elemente innerhalb des Motivs geführt, unser ruhender Blick kurzweilig unterbrochen wird. Nehmen wir uns Zeit, diese Irritationen zu entschlüsseln, so überraschen diese mit Details und Verweisen auf urbanes Miteinander-Leben: ob dies anmutig wachsende Bäume vor einer schlichten Häuserfassade im Wechselspiel zwischen Natur und Stadtraum sind oder ein Schiffsarbeiter auf einem leeren Binnenfrachter ist, einer monochromen schwarzen Fläche nicht unähnlich. Esther Hieplers Fotografien transportieren das Gefühl von Bewegung und Zeitlichkeit. Was in diesem einen Moment ist, wird bald schon nicht mehr sein. Die Künstlerin führt uns die besondere Ästhetik des Stadtraumes und seine Vergänglichkeit vor Augen und schärft den Blick für jene Poesie des urbanen Lebens.