In der fünften Ausgabe der «Bollag Vitrine» präsentiert Esther Hiepler eine Auswahl von Arbeiten, die sich durch (drei) Besonderheiten auszeichnet: – die Ungleichzeitigkeit ihrer Entstehung – Zufall versus Kontrolle – den Entscheid, sich mit der Präsentation nicht auf den Vitrinen-Display zu beschränken, sondern mit drei grossformatigen Malereien in die Korridore über zwei Stockwerke hinweg zu expandieren.
Zu sehen sind drei Holztafeln mit je einem monochromen Vasenpaar in unterschiedlichen Farben. Die Vasen in beinahe menschlichen Dimensionen heben sich mit ihrem vielschichtigen, lasierenden Farbauftrag vom materialfarbenen Hintergrund ab. Grund und Motiv kontrastieren also in ihrer Oberflächenbehandlung, wodurch die silhouettenhaft ausgeschnitten wirkenden Formen leicht in ihr abstraktes Negativ kippen. Die frisch und keck erscheinenden Tafeln überraschen. Überraschend ist auch das Datum ihrer Entstehung: 1993, also ganz früh in Esther Hiepler’s Schaffen. Das Gegenstück dazu bilden eine Reihe lose arrangierter, ganz aktueller Arbeiten in der Vitrine. Auf kleinem Format erkennt man vereinfachte Blumenschemen, spiral- oder rankenförmige Linien, Pinseltupfer und allerlei Werkzeugspuren. Handelt es sich dabei um abgebildete Arbeitsprozesse, Spurensuche in Tusche und bunter Ölkreide, dem Zufall geschuldete Setzungen? Fragmentartig deuten die filigranen Blumenskizzen einen eingeschlagenen und vielleicht zukunftsweisenden Weg an.
So gegensätzlich die Herangehensweise bei diesen Blättern und bei den frühen Vasenmalereien sein mag, so verbindet auch sie im Innersten der Zufall; denn vor allem durch die jüngeren Arbeiten ist Esther Hiepler wieder auf ihr Frühwerk gestossen und hat in beiden eine neue Nachbarschaft und dazu einen sinnstiftenden Titel gefunden.
Text zur Präsentation Display 5 im Atelierhaus Bollag in Basel, 2021